Da war zunächst am Montag der Neujahrsempfang der Stadt Walsrode, zu dem im Doppelpack Bahn-Chef Grube und ich eingeladen worden waren. Thema von besonderem Interesse dort war natürlich die so genannte Y-Trasse, eine neue Bahnstrecke vor allem für den Güterverkehr von den Seehäfen ins Hinterland, also quer durch Niedersachsen. Es ist ein uraltes Vorhaben, das einmal unter ganz anderen Vorzeichen begonnen wurde, damals gewissermaßen als Alternative zum Transrapid. Wegen der Auswirkungen auf Natur und Anlieger, aber auch wegen der ungeklärten Kosten gibt es entlang des vorgesehenen Streckenverlaufes Protest und Bürgerinitiativen. Herr Grube überraschte viele Anwesende durch den Hinweis, dass die Bahn jetzt zunächst einmal eine Ertüchtigung der bestehende Schienennetze prüft und zeigte sich betont gesprächsbereit. Dass es sich dabei um Lehren aus dem Streit um Stuttgart 21 handelte, hat er nicht verhehlt. Mir hat dieses pragmatische und offene Vorgehen sehr gefallen . Wenn die Deutsche Bahn ein solches Vorgehen durch hält, wird sie sicher auch Vertrauen zurück gewinnen, selbst wenn am Ende wegen der steigenden Verkehrsmengen die Y-Trasse notwendig sein sollte.
Ganz anders die Erfahrung am Donnerstag, als ich in Otterndorf bei Cuxhaven auf dem Elbdeich stand. Wieder ging es um steigende Verkehrsmengen, diesmal in der Schifffahrt, die eine weitere Vertiefung der Elbe notwendig macht. Dieses Vorhaben löst bei den Anliegern der Elbe erhebliche Ängste aus, weil sie um die Deichsicherheit fürchten. Schließlich soll der Fluss ein weiteres Mal vertieft werden, einst waren es etwa vier Meter, jetzt soll ein Tiefe von bis zu 17 Metern ausgebaggert werden, um neuen Großschiffen die Zufahrt nach Hamburg möglich zu machen. Dazu kommt eine gehörige Portion Misstrauen, denn bei früheren Vertiefungen zugesagte Schutzmaßnahmen sind erst sehr spät umgesetzt worden und bis jetzt gibt es keine Einsicht in die Planunterlagen. Dass ist aus Sicht der Kommunen ein besonderes Ärgernis, schließlich muss Niedersachsen in wenigen Wochen Stellung beziehen. Die Betroffenen fühlen sich von ihrer eigenen Landesregierung außen vor gelassen, auf deren Schutz sie eigentlich setzen müssen.
Ich habe diese Kritik als sehr plausibel empfunden.
Gerade bei umstrittenen Vorhaben – das sollten inzwischen eigentlich alle begriffen haben – ist eine möglichst frühe und ein möglichst offene Information zwingend nötig, wenn es Vertrauen und eine Gesprächsgrundlage geben soll. Zeitdruck und die Befürchtung steigender Kosten durch bessere Schutzmaßnahmen müssen dahinter zurück stehen, wenn es um elementare Sicherheitsbedürfnisse geht. Ganz praktisch: Die Landesregierung muss sich die Frist für ihre Stellungnahme beim Bund verlängern lassen, sie muss den Kommunen Einsicht in die Pläne geben und mit ihnen die Haltung Niedersachsens abstimmen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit für eine Landesregierung, die schließlich die Interessen ihrer Bürger zu vertreten hat. Möglicherweise hilft ein solches Vorgehen obendrein, Gerichtsverfahren zu vermeiden – auch eine Lehre aus anderen großen Infrastruktur-Vorhaben.
Und der gemeinsame Nenner aus beiden Erlebnissen: Es geht darum, Vertrauen auf zu bauen bei Projekten dieser Art. Die einen haben das begriffen, die anderen scheinbar noch nicht.