SPD in Niedersachsen deutlich im Aufwind, CDU kentert

Es gibt bekanntlich gute und schlechte Zeiten, auch in der Politik. Die letzte Woche zählt für mich eindeutig zur ersten Kategorie mit einer höchst angenehmen Mischung von guten Nachrichten und guten Erlebnissen.

Fangen wir an mit den guten Nachrichten. Der grandiose Wahlerfolg von Hannelore Kraft und der SPD in Nordrhein-Westfalen hat schon am Montag bei der Nachbereitung im SPD-Parteivorstand für viel gute Laune gesorgt. Aber nicht nur in NRW sieht es gut aus für die SPD, auch in Niedersachsen. Am Mittwoch wurde ein aktueller "Niedersachsen-Trend" des NDR bekannt, danach befindet sich auch bei uns die SPD deutlich im Aufwind. Mit 36 Prozent handelt sich es sich um den besten Wert, den die Landes-SPD seit zehn Jahren zu verzeichnen hat! Damit wären wir derzeit stärkste Partei in Niedersachsen und eine deutliche rot-grüne Mehrheit wäre gegeben. Das ist übrigens auch die Wunsch-Regierung von 61 Prozent der Befragten. Klar, Umfragen sind keine Wahlen und Stimmungen keine Stimmen. Aber natürlich ist das Rückenwind im Vor-Wahlkampf.

Für die passenden Bilder hat die werte Konkurrenz selbst gesorgt. Lauthals das Niedersachsen-Lied … na ja singend, ist die Landesregierung am Dienstag im Drachenboot hinaus aufs Zwischenahner Meer gefahren. Bilder von tiefer Symbolik sollten es werden: Der Ministerpräsident schlägt den Takt, die Koalition einträchtig und zielstrebig das Boot voran treibend. Bilder von tiefer Symbolik sind es geworden: Das Boot kenterte, eine ganze Landesregierung musste von der DLRG gerettet werden und sich hinterher noch anhören, man hätte doch wenigstens Schwimmwesten tragen sollen. Es gibt Sachen, auf die kommt kein Wahlstratege …

Mein persönliches Highlight war allerdings etwas ganz anderes: Für zwei Tage habe ich Norwegen besucht, um mir Anregungen aus Skandinavien für die künftige Politik in Niedersachsen geben zu lassen. Diese Reise hat sich in mehrfacher Hinsicht gelohnt. Nicht nur durch interessante Gespräche mit Regierungsmitgliedern und Abgeordneten, sondern auch durch Besuche eines sehr ambitionierten Integrationsprojekts und eines Kindergartens. In Norwegen lässt sich gut beobachten, wie sinnvoll ein vorsorgender Staat ist, der in Familien und junge Menschen investiert und damit viele Probleme von Anfang an vermeidet. Migranten-Kinder sind schon nach wenigen Tagen im Kindergarten, um nur ein Beispiel zu erwähnen. Ein anderes : 40 Prozent männliche Betreuer im Kindergarten, wo gibt es so etwas bei uns? Vorbildlich sind vor allem die Strukturen, wie ich finde – Bildung ist klipp und klar Staatsaufgabe, zu 80 Prozent finanziert aus Steuermitteln des Staates. Da kann der deutsche Föderalismus viel, viel lernen.

Und auch an sehr aktuellen Bezügen war kein Mangel. Alle meine Gesprächspartner haben auf Grund der norwegischen Erfahrungen davor gewarnt, in Deutschland ein Betreuungsgeld ein zu führen. Das ist vor einigen Jahren in Norwegen geschehen und davon haben vor allem einkommensschwache Eltern und Migranten Gebrauch gemacht, deren Kinder eigentlich eine besonders gute Förderung benötigen. Deswegen hat die Arbeiterpartei in Norwegen nach ihrer Regierungsübernahme diese Leistung sofort drastisch eingeschränkt und statt den Kindergarten-Ausbau voran getrieben.

Reisen bildet eben.