In der niedersächsischen Staatskanzlei werden die Gesichter lang und länger

Die letzte Woche hatte wieder neue Nachrichten parat, die in der hannoverschen Planckstraße sicher keine Freude ausgelöst haben: Gegen das Betreuungsgeld entwickelt sich eine selten gesehene Ablehnungsfront (nach den neuesten Umfragen sind es fast 80 Prozent der Bevölkerung ,der Landesrechnungshof hat ein umfangreiches Sündenregister der Landesregierung präsentiert nach dem Motto "Pleiten, Pech und Pannen"...

in der Affäre um das Maritime Kompetenzzentrum in Elsfleth hat der Bund der Steuerzahler inzwischen Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen erstattet. Der Club 2013 lässt grüßen. Kurzum: Eine Glückssträhne sieht anders aus.

Aber am schlimmsten war sicher das Eingeständnis des Ministerpräsidenten, die Eröffnung des Jade-Weser-Ports am 5. August verschieben zu müssen. Seit Monaten hatte sich die niedersächsiche Landesregierung gegen Gerüchte verwahrt, die Eröffnung des neuen Hafens in Wilhemshaven sei gefährdet, und nun das. Denn der Jade-Weser-Port ist nicht irgendein Investitionsvorhaben in Niedersachsen, sondern das mit Abstand wichtigste und teuerste. Über eine halbe Milliarde Euro wenden Niedersachsen und Bremen für den ersten deutschen Tiefwasserhafen auf und das aus gutem Grund. Allen Prognosen zufolge werden die Gütermengen auf dem Seeweg in der Zukunft noch einmal deutlich steigen und die Container-Riesen werden immer größer. Da stoßen die vorhandenen deutschen Häfen, auch Hamburg, auf absehbare Zeit an ihre Grenzen. Um die damit vorhandene Wertschöpfung nicht an den deutschen Küsten vorbei ziehen zu lassen, wird in Wilhelmshaven der erste Tiefwasserhafen gebaut. Das ist eine kluge Strategie, das Projekt ist zu den Zeiten der sozialdemokratischen Landesregierung von Sigmar Gabriel entstanden.

So weit, so gut – leider hapert es mit dem Projektmanagement gewaltig. Die Realisierungsgesellschaft und der künftige Betreiber Eurogate sind sich alles andere als grün, es gab viel Ärger um die Auswahl des richtigen Bauunternehmens, aber am schlimmsten sind die zahlreichen inzwischen bekannten Baumängel. Um die zweihundert Löcher in der Hafenmauer sind bekannt und gefährden die Inbetriebnahme. Schließlich sind gewaltige Lasten im künftigen Hafenbetrieb zu bewältigen, deswegen sind die Baumängel keine Kleinigkeit. Und ob es die letzten bleiben? Bei Außenstehenden wachsen die Zweifel.

Und bei den Insidern auch. Jedenfalls musste die Eröffnung, die den Hafen als Erfolg der Landesregierung zelebrieren sollte, kurzerhand verschoben werden. Mitte September ist für einen neuen Anlauf in Aussicht genommen. Und der Vergleich mit dem Flughafen Berlin-Brandenburg, der nicht fertig werden will, drängt sich auf. Der Unterschied: In Berlin hat man sich klugerweise offenbar einen Sicherheitspuffer eingeräumt, die niedersächsische Landesregierung will dagegen eine Eröffnung auf Biegen und Brechen. Hoffentlich geht das gut.

Aus der Erfolgsstory ist jedenfalls nichts geworden und die Zweifel an diesem Projekt sind gewachsen. Und so wird auch weiter in der Staatskanzlei Frohsinn Mangelware sein.