Beunruhigend: Medizinische Versorgung im ländlichen Raum

"Unterwegs für den Wechsel" war ich auch in der vergangenen Woche wieder - dieses Mal in Lengede, Salzgitter und im Landkreis Stade. Je länger diese Tour dauert, desto auffälliger wiederholen sich manche Themen. Zum Beispiel die medizinische Versorgung im ländlichen Raum - ein Problem, das keine großen Schlagzeilen macht und dennoch immer mehr Menschen beunruhigt.

Am Mittwoch in Freiburg an der Elbe war das wieder deutlich spürbar. Wir hatten einen Gesprächskreis mit Landärzten, Pflegekräften und einer Apothekerin zusammen, alles spürbar engagierte Menschen. Das Problem liegt auf der Hand: Von fünf Arzt-Praxen sind derzeit gerade einmal zwei besetzt. Warum das so ist? Da prasseln die Antworten nur so: Landärzte müssten etwa doppelt so viel arbeiten wie ihre Kollegen in der Stadt, um dasselbe Geld zu verdienen. Als ob die langen Wege nicht reichen würden, müsste dann noch immer mehr und mehr bürokratischer Kram erledigt werden. Und dann der Ärger mit den Kassen, wenn Budgets aus wohl erwogenen medizinischen Gründen nicht eingehalten werden könnten. Aber auch das: Das alte Klischee vom Landarzt, dessen treusorgende Ehefrau zu Hause warte, stimme nicht mehr. 70 Prozent aller Ärzte seien künftig eben Ärztinnen und ob deren Männer mit aufs Land gingen, sei durchaus nicht sicher. Und dass dann eben auch eine besonders gute Kinderbetreuung vorhanden sein müsse, die den unregelmäßigen Arbeitszeiten einer Landärztin entspreche.

Ein ganzes Bündel von Problemen also, das in einer Stunde auf den Tisch gelegt wurde. Die niedersächsische Landesregierung hat jetzt darauf reagiert und will zwei Millionen Euro bereit stellen für EDV oder medizinische Geräte in Landarztpraxen. Das wird alleine wohl kaum helfen, ansonsten gibt man den Schwarzen Peter gleich einmal weiter. "Da müssen sich die Kommunen viel einfallen lassen, um das Umfeld für Ärzte attraktiv zu gestalten", sagt ein Sprecher des niedersächsischen Sozialministeriums (TAZ, 7.6.2012). Was gehts uns an, hätte er auch sagen können. Das Gefühl vieler Menschen auf dem Lande, dass man sich höheren Orts nicht für ihre Probleme interessiert, kommt nicht von ungefähr.

Tatsächlich werden unterschiedliche Beteiligte an einen Tisch zu holen sein, um die medizinische Versorgung in der Fläche nachhaltig zu sichern. Die Kassenärztliche Vereinigung spielt eine große Rolle und die Krankenkassen, natürlich auch die Kommunen, aber eben auch das Land, das die Initiative ergreifen muss. Es geht eben um durchaus verschiedene Themen – von den Einkommensmöglichkeiten über Stipendien bis zu neuen Praxis-Modellen. Es gibt wenige Fragen, die für Menschen eine so unmittelbare Bedeutung hat, wie die ärztliche Versorgung. Und deswegen muss hier auch die Landes-Sozialpolitik einen besonderen Schwerpunkt setzen.