Innenminister Uwe Schünemann ist unbelehrbar

Als in der letzten Sitzung des niedersächsischen Landtages Stefan Schostok die Süddeutsche Zeitung zitierte, die wiederum Kritik an der niedersächsischen Ausländerpoltik durch Dritte als "institutionellen Rassismus" wieder gab, kam es zum Eklat. Die Regierungsfraktionen reagierten empört und empfanden dieses Vorgehen als beleidigend. Das war in der vorvergangenen Woche.

Aus der vergangenen Woche ist nun zweierlei zu berichten. Da traten zum einen die Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtpflege aus der so genannten Härtefallkommission zurück. Dieses Gremium hatte Innenminister Schünemann vor einigen Jahren als Reaktion auf seine rigide Abschiebepraxis eingerichtet, um in Ausnahmefällen Abschiebungen nicht durch zu führen. So weit, so gut – die Regeln und die Zusammensetzung des Gremiums haben allerdings dazu geführt, dass nur äußerst selten tatsächlich humanitäre Entscheidungen getroffen wurden. Deswegen hagelt es seit langem Kritik. Als nun auch eine angekündigte Reform an diesem Umstand nichts geändet hat, haben so anerkannte Organisationen wie das Diakonische Werk, die Caritas, der Paritätische Wohlfahrtsverband und die AWO den Schlussstrich gezogen. Sie wollen nicht mehr länger als Feigenblatt herhalten.

Fast am gleichen Tag wurde dann auch noch eine Handreichung des Niedersächsischen Verfassungsschutzes für Lehrer und andere "Sicherheitspartner" bekannt. Mit dieser Schrift wurden Merkmale potenzieller Islamisten gewissermaßen als Checkliste aufgezählt. Darin finden sich so sinnige Kennzeichen wie das starke Nachdenken über den Tod und ein Leben danach oder Gewichtsverlust. In dieser Qualität geht es munter weiter. Eigentlich ist das ganze ziemlich sinnfrei, aber ich kann gut verstehen, dass viele gläubige Muslime die Publikation als beleidigend empfinden, denn viele Teile der Liste zielen in genau diese Richtung. Und vielleicht kann man die Verärgerung noch besser verstehen, wenn man sich erinnert, dass bis vor nicht langer Zeit vor Moscheen in Niedersachsen "verdachtsunabhängige Personenkontrollen" durchgeführt wurden. Was wohl die Reaktion wäre, wenn Besucher eines christlichen Gottesdienstes sich davor oder danach bewaffneten Polizeibeamten ausweisen müssten?

Nach alledem drängt sich der Verdacht auf, dass auch nach jahrelanger, anhaltender Kritik Minister Schünemann unbelehrbar ist. Die Handreichung des Verfassungsschutzes soll jetzt überarbeitet, aber keineswegs eingestampft werden. Und die Regeln für die Härtefallkommission sollen so bleiben. Bleiben wird auch der Eindruck vieler unbescholtener Migranten, dass sie bei dieser Landesregierung keine Chance haben und ausgegrenzt werden. Und bleiben wird die scharfe öffentliche Auseinandersetzung mit dieser mit dieser unter den Bundesländern ziemlich einmaligen Ausländerpolitik.

Es wird Zeit, diese Politik gründlich zu ändern, am besten sofort, sonst ab dem 20. Januar 2013.