Schwarz-Gelbes Energie-Chaos

In der letzten Woche habe ich mich von einem Ehrenamt verabschiedet, das ich in den letzten fünf Jahren sehr engagiert ausgeübt habe. Als Präsident des Verbandes der kommunalen Unternehmen war ich der Sprecher von etwa 1.400 Betrieben in der Energie-, Wasser- und Abfallwirtschaft. Vor allem die Energiepolitik hat mich dabei in Atem gehalten: Bei vier Bundeswirtschaftsministern und drei Bundesumweltministern habe ich meine Aufwartung gemacht und dabei eine wilde Achterbahnfahrt erlebt.

Am Anfang ging es darum, wie der Atomkonsens aus dem Jahr 2002 und die ehrgeizigen Klimaziele der großen Koalition umgesetzt werden. Dann kam Schwarz-Gelb und die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke. Und schließlich dann nach Fukushima wieder eine Rolle rückwärts mit der Energiewende in kürzester Zeit. Am Ende dieser Irrungen und Wirrungen kann ich nur den "Faust" zitieren: "Der Vorhang fällt und alle Fragen offen."

Zwei Schlagzeilen aus den letzten Tagen zeigen, was ich damit meine: Wegen des rasanten Wachstums von Wind- und Sonnenenergie steigen die Strompreise im nächsten Jahr für einen Mehrpersonenhaushalt im Durchschnitt um 100 Euro im Jahr, heißt es. Dass ein Drittel davon auf die privaten Verbraucher umgelegt wird, weil immer größere Teile der Wirtschaft von dieser Umlage verschont bleiben, wird dabei meistens schamhaft verschwiegen. Und gleichzeitig stehen die Nordseewerke in Emden vor der Insolvenz, siebenhundert Arbeitsplätze sind akut bedroht. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, dass Offshore-Windanlagen produziert und wegen des Zubaus von erneuerbaren Energien doch vor glänzenden Zeiten stehen sollte. Wie passt das zusammen?

Der gemeinsame Nenner dieser scheinbar widersprüchlichen Nachrichten ist das schwarz-gelbe Energie-Chaos in Berlin. Polemik? Nicht die Bohne, wie weitere Meldungen aus den letzten Tagen zeigen. Da erklärt der Bundesumweltminister (CDU), man müsse das weitere Wachstum der Erneuerbaren Energien regeln, aber erst nach den Bundestagswahlen. Und der Bundeswirtschaftsminister (F.D.P.) kontert, das müsse ganz schnell geschehen. Das Ergebnis ist maximale Verwirrung und keiner weiß, wie es weiter geht. So geht das jetzt schon seit anderthalb Jahren. Bis heute gibt es für die Energiewende kein Konzept und noch nicht einmal ein Projektmanagement. Die Preise steigen und die Akzeptanz sinkt. Ganz zu schweigen davon, dass immer weniger investiert wird, während gleichzeitig die Uhr tickt.

Ich mache mir inzwischen ernsthafte Sorgen um die Zukunft der Energiewende, um den Ausstieg aus der Atomkraft ebenso wie die Konsequenzen auf Versorgungssicherheit und Preise. Was wir brauchen ist ein Drehbuch für die Energiewende, an dem sich alle Beteiligten verlässlich orientieren können. Und dafür ist wiederum eine Bündelung der Aufgaben und der Verantwortung notwendig. Ich bin sicher, wir kommen um ein Energieministerium nicht herum. Statt dessen droht Regierungsinkompetenz eine große Chance zu verspielen, nicht zuletzt eine große Chance für Niedersachsen. Das darf nicht geschehen! Und insofern wird mich das Thema begleiten – von dem Engagement für die Stadtwerke hin in die Landespolitik.