Rüdiger Butte war ein freundlicher und zugewandter Mensch, zugleich strahlte er eine natürliche Autorität aus. Für ihn war Bürgernähe selbstverständlich und das wurde ihm zum Verhängnis. Wie man inzwischen weiß, bat ihn ein Bürger um ein zuvor nicht verabredetes Gespräch, Rüdiger Butte machte dieses Gespräch möglich und brachte seinen Mörder selbst in sein Büro. Bitter.
Natürlich wird jetzt auch wieder in vielen Rathäusern, Kreishäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen das Nachdenken beginnen, in welchem Verhältnis denn Bürgernähe und Sicherheit stehen sollten. Ich kenne dieses Spannungsverhältnis gut, denn vor wenigen Jahren ist im hannoverschen Rathaus eine andere schreckliche Gewalttat geschehen. Eine städtische Mitarbeiterin wurde durch eine Messerattacke lebensgefährlich verletzt und kam nur knapp mit dem Leben davon. Damals haben wir sehr genau überlegt, ob denn das Rathaus in Hannover auch weiterhin ganz und gar offen für alle Besucherinnen und Besucher bleiben könne.
Ein anderes Beispiel: Ohne es zu wissen, habe ich vor einigen Jahren bei einer russischen Besuchergruppe große Überraschung ausgelöst. Diese Gruppe wollte gerade das Rathaus von Hannover besuchen und wurde von der Reiseleiterin auf einen einzelnen Mann hingewiesen, der gerade der Markthalle zustrebte. Die Besucher wollten nicht glauben, dass dies der Oberbürgermeister sei, denn in Russland wären in einem solchen Fall etliche Sicherheitskräfte dabei.
Öffentliche Gebäude sind bei uns relativ leicht zu betreten, Verantwortliche relativ leicht zu sprechen. Das sind Kennzeichen einer freien Gesellschaft, die wir gewissermaßen wie selbstverständlich wahr nehmen. So muss es auch sein, wie ich finde, denn in einer Demokratie müssen Regierende und Regierte so gut wie möglich mit einander Kontakt haben können. Anderenfalls würde die Gefahr, dass sich die Gewählten von ihren Wählern ganz und gar abkoppeln, sicher noch deutlich größer werden. Damit sind sicher auch Risiken verbunden, wie wir am Freitag einmal mehr sehen mussten. Aber der Grundsatz sollte deswegen dennoch verteidigt werden.
Um so mehr sollte aber vielleicht ein anderer Gedanke erwogen werden: Ob Rüdiger Butte eigentlich seine von ihm selbst als selbstverständlich empfundene Bürgernähe oft gedankt worden ist? Ich glaube es kaum. Und auch die vielen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikerinnen, Abgeordnete und andere Verantwortliche, die tagaus, tagein Bürgerkontakte suchen und pflegen, empfangen dafür eher selten Anerkennung. Verdient haben sie es aber – denken Sie doch mal daran, wenn Sie einem dieser Menschen begegne.