Die Woche im Zeichen der Flut

Mit dem Tipp konnte ich nicht völlig falsch liegen - wie in der letzten Begrüßung an dieser Stelle vermutet, stand die vergangene Woche ganz und gar im Zeichen der Flut an der Elbe. Um es vorweg zu nehmen: Im Vergleich mit anderen Bundesländern ist Niedersachsen mit einem blauen Auge davon gekommen, der Katastrophenfall konnte in den Landkreisen Lüneburg und Lüchow-Dannenberg inzwischen wieder aufgehoben werden, ohne dass es zu großen Überflutungen gekommen ist.

Selbstverständlich war das aber nicht, wovon ich mich vor Ort überzeugen konnte:

Montag:
Am frühen Morgen bin ich mit dem Hubschrauber nach Lüneburg geflogen. Im Stab der Polizeidirektion war eine deutliche Anspannung zu spüren, für diesen Tag war die Scheitelwelle der Elbe angekündigt. Nach einer Unterrichtung über die Problembereiche geht es weiter nach Bleckede, wo ich zum ersten Mal eine Erfahrung mache, die sich an diesem Tag noch wiederholen wird. Zum einen der offensichtliche Nutzen von Schutzmaßnahmen, die seit der "Jahrhundertflut 2002" (?) erfolgt sind – neue Wände zum etwa, ohne die ganze Ortschaften hoffnunglos überspült worden wären. Und zum anderen das unglaubliche Engagement von vielen Menschen, die zum Beispiel buchstäblich Millionen von Sandsäcken gefüllt, transportiert und auf die Deiche gebracht haben. Diese Erfahrung mache ich an diesem Tag noch in Hitzacker, Wussegel, Neu-Darchau und auf der anderen Elb-Seite im Amt Neuhaus. Und noch etwas bleibt in Erinnerung: Beim Flug über die Elbe der Blick auf die unglaublichen Wassermassen, die das natürlichen Flussbett nicht mehr erkennen lassen.

Dienstag:
Noch halten die Deiche, aber die Gefahr ist groß. Der anhaltende Druck des Wassers macht sie weich. Im Kabinett beschließen wir als Soforthilfe 20 Millionen Euro für die Flutopfer in Niedersachsen. In Vietze in der Samtgemeinde Gartow ist zum Beispiel ein Damm gebrochen und 25 Häuser stehen bis zum einem Meter im Wasser.

Mittwoch:
Ich bin zum zweiten Mal an der Elbe, die Bundeskanzlerin besucht Hitzacker. Die Altstadtinsel dort stand bei frühreren Hochwassern tief im Wasser, jetzt nicht mehr. Das liegt an einer Schutzwand, die inzwischen so etwas wie das Symbol von erfolgreichen Schutzmaßnahmen geworden ist. Aber auch für deren Kosten, denn alles in allem sind allein in Hitzacker in den letzten Jahren 45 Millionen Euro aufgewandt worden. Ich erlebe wieder sehr eindrucksvolle Menschen, z. B. einen Deichgänger, der jeden Tag 12 Stunden lang "seinen" Deich kontrolliert und auf etwa 20 Kilometer am Tag kommt!

Donnerstag:
In Berlin bei der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin geht es wieder um die Flut. Längs der Elbe sind zum Teil verheerende Schäden zu verzeichnen, vor allem die Bilder aus Sachsen-Anhalt und Sachsen waren erschreckend. Dort mussten zehntausende Menschen evakuiert werden, die jetzt zum Teil vor dem Nichts stehen. Dass der Staat diesen Opfer der Flut hilft, ist für mich selbstverständlich und wir einigen uns auf die Einrichtung eines Wiederaufbau-Fonds in einer Größenordnung bis zu acht Milliarden Euro. Aber wie wird dieser Fonds finanziert? Nur über weitere Schulden, wie die Bundesregierung vorschlägt? Das kann es nicht sein und wird in der nächsten Woche zu klären sein.

Freitag:
Langsam lässt die Anspannung nach. Die Deiche in Niedersachsen scheinen zu halten, und wo ein Not-Deich gebrochen ist, wird mit einem Riesen-Egagement eben ein zweiter dahinter errichtet.

Sonntag:
Die Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg heben den Katastrophen-Alarm auf. Wir sind in Niedersachsen noch einmal davon gekommen – dank des Riesen-Engagements von ungefähr 10.000 Helferinnen und Helfern, davon die allermeisten ehrenamtlich und oft auch ganz spontan. Die Deichverteidigung war eine ganz große Gemeinschaftsleistung, dafür meinen tiefen Dank!

Jetzt wird es ans Aufräumen gehen und das Nachdenken darüber, wie man eigentlich diesen immer größeren Flut-Katastrophen Herr werden kann.