Fleisch-Arbeit

Am Mittwoch bin ich wieder einmal im niedersächsischen Westen unterwegs. Das geschieht öfter, aber diesmal geht es um ein ganz besonderes Thema: Wer als Verbraucher an der Fleisch-Theke steht, macht sich immer öfter Gedanken darüber, unter welchen Bedingungen das Fleisch wohl entstanden sein mag, das man im Supermarkt bekommt (jedenfalls sollte man sich solche Gedanken machen). Dabei geht es meistens um Tierschutz, aber auch natürlich um die Gesundheit.

Wer von Ihnen / Euch dort das nächste Mal steht, sollte aber vielleicht auch einen Gedanken an die Arbeitsbedingungen verschwenden, die bei der Produktion vorgeherrscht haben.

Seit Monaten häufen sich die Alarm-Zeichen. Zu Tausenden sind Arbeiter vor allem aus Rumänien und Bulgarien angeworben worden, die zu Niedrigst-Gehältern eingesetzt werden. Was heißt "Arbeiter"? Angeblich handelt es sich um selbstständige Werk-Unternehmer, die wiederum von Subunternehmern der Fleisch-Industrie beauftragt sind. Damit wird die sehr zurückhaltende Regulierung der Leiharbeit gleich wieder umgangen, ganz abgesehen davon, dass dieselbe Arbeit früher einmal von sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern ausgeführt wurde.

Damit nicht genug. Auch die Unterbringung dieser Menschen ist äußerst fragwürdig. Sie leben meistens – völlig isoliert von der übrigen Gesellschaft – in Gemeinschaftsunterkünften, für die sie viel Geld von ihrem kärglichen Verdienst bezahlen müssen. Die Bedingungen sind sicher unterschiedlich, aber mindestens zum Teil skandalös. Jetzt gibt es auch erste Berichte von Arbeiter, die im Wald campieren.

Natürlich ist diese Entwicklung nicht über Nacht eingetreten, es gibt sie auch nicht nur im niedersächsischen Westen und auch nicht nur in der Fleisch-Industrie. Aber die dort herrschenden Verhältnisse sind gewissermaßen zum Symbol für Verhältnisse geworden, die mit der sozialen Marktwirtschaft nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun haben. Zu danken ist diese Öffentlichkeit übrigens der NGG und der katholischen Kirche, die hartnäckig auf die Missstände hingewiesen haben.

Am Mittwoch will ich mir nun, so gut es geht, selbst ein Bild verschaffen. Ich rede mit den Landräten der Region über ihre Erfahrungen, will mir Unterkünfte anschauen und auch, wenn es geht, mit Betroffenen reden. Eines ist jetzt aber schon klar: Wer ein schlagendes Argument dafür sucht, dass wir einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro in der Stunde benötigen, der kann auf tausende Schein-Werkunternehmer in Niedersachsen verweisen!