Das Ministerpräsidenten-Leben ist bunt und Niedersachsen ist groß. Die letzte Woche hat beides wieder einmal bewiesen und ein paar tausend Kilometer kreuz und quer durch Niedersachsen sind dabei zusammen gekommen:
Montag
Es geht los in Hannover, wo ich mich mit Betriebsräten aus der Metallindustrie treffe. Auch in dieser Industrie nimmt das Problem der "Werk-Unternehmer" immer mehr zu, also von Arbeitern, die angeblich selbstständig tätig sind und damit dem Schutz des Arbeitsrechtes entzogen werden. Wieviele es in ihrem Unternehmen sind, wissen noch nicht einmal die Betriebsräte: Die Personalabteilungen verweisen auf den Einkauf, denn das seien ja keine Personal-, sondern Sachkosten. Hanebüchen! Danach geht´s nach Hamburg zu einem Redaktions-Besuch beim SPIEGEL und einer Wahlkampf-Veranstaltung für Niels Annen.
Dienstag
Heute geht´s Richtung Süden. Nach der Kabinettssitzung fahre ich nach Hildesheim, treffe mich mit dem Bischof und besuche den berühmten Dom, der gerade saniert wird. Danach ist dieses Weltkulturerbe ganz sicher ein Schmuckstück. Nächste Station ist Göttingen, wo ein geheimer niedersächsischer Schatz der Öffentlichkeit präsentiert wird, die "Klingebiel-Zelle". Julius Klingebiel war psychisch krank und verbrachte mehr als ein Vierteljahrhundert in der geschlossenen Psychiatrie. In der Nazi-Zeit wurde er zwangssterilisiert. Elf Jahre lang bemalte er seine Zelle – mit Landschaften, Phantasie-Tieren, aber auch vielen Hinweisen auf die Zeitgeschichte. Ein tief beeindruckendes Kunstwerk, das jetzt in einer Ausstellung reproduziert wird.
Mittwoch
Sicher der eindruckvolltste Tag in einer besonders prallen Woche. Gemeinsam mit Olaf Lies und Doris Schröder-Köpf bin ich im niedersächsischen Westen unterwegs. Es geht um die Arbeitsbedingungen vor allem in der Fleisch-Industrie, aber auch die Unterbringung der dort beschäftigten Schein-Werk-Unternehmer. Nach einem Gespräch mit den betroffenen Landräten bekomme ich dafür schlimme Beispiele zu sehen. So sind auf ungefähr fünfzehn Quadratmetern drei alte Betten aufgestellt, an den Wänden ist Schimmel, alles ist vollkommen herunter gekommen. Die Betroffenen leben dort monate- , zum Teil aber auch jahrelang, die Miete wird direkt vom Lohn abgezogen. Was ist zu tun? Wir werden die Wohnungsaufsicht in Niedersachsen deutlich intensivieren, aber der Kern des Problems ist ein anderer. Um die massenhafte Umgehung des Arbeitsrechts zu beenden, brauchen wir dringend einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Damit lohnt sich dann ein Geschäftmodell nicht mehr, das auf systematischer Ausbeutung beruht.
Donnerstag
Heute ist der Nordwesten dran. In Bunde besuche ich ein Projektentwicklungs-Unternehmen aus der Energie-Branche , in Leer bin ich bei der Wachtumsregion Ems-Achse. Dieser Name ist übrigens völlig berechtigt, denn aus dem ehemaligen Armenhaus Niedersachsens ist inzwischen ein ökonomische Lokomotive geworden. Und schließlich ist Wilhelmshaven an der Reihe, wo ich abends beim Deutschen Seeschiffahrtstag über die Zukunft der maritimen Wirtschaft spreche.
Freitag
Auf diesen Tag habe ich mich gefreut. Wenn man nicht aufpasst, wird der Terminkalender eines Ministerpräsidenten von Interessenvertretern aller Art okkupiert und normale Bürgerkontakte fallen hinten runter. Deswegen will ich immer wieder Tage einplanen, wo ich über eine längere Zeit in einer Einrichtung bin und in Ruhe Eindrücke sammeln kann. Und ich will Diskussions-Veranstaltungen anbieten, wo die Bürger die Themen bestimmen. Die Premiere ist in Lüneburg. Dort bin ich ein paar Stunden lang in der Kita Kaltenmoor. Die Gespräche mit den Erzieherinnen und den Eltern, aber vor allem auch der Kontakt mit den Kindern machen viel Spaß und bringen mir auch eine Menge Anregungen. Zum Mittagsessen gab´s übrigens Hirse-Bratling – lecker. Und abends folgt ein Bürger-Forum mit einer lebhaften Diskussion rauf und runter durch die Landespolitik. Premiere geglückt!
Samstag
Keine Termine – uffz.
Sonntag
Zum guten Wochenschluß noch eine niedersächsische Spezialität, das einzige Pferderennen auf dem Meeresgrund beim Duhner Wattrennen in Cuxhaven. Eine tolle Atmosphäre, ein Besuch ist sehr zu empfehlen.
Langeweile kommt in einer solchen Woche nicht auf. Aber spannend und lehrreich ist es allemal und politisch gibt es jedes Mal neue Anregungen. So kann es auch in der nächsten Woche gerne weiter gehen, für die ich Ihnen und Euch selbstverständlich auch alles Gute wünsche.