Was tun?

"Was tun?", sprach Zeus - mit diesem Kalauer haben wir in meiner Jugend Maienblüte Ratlosigkeit umschrieben. Für einen größeren Teil der letzten Woche könnte das gewissermaßen die Wochenlosung gewesen sein, denn nach den Bundestagswahlen vom vergangenen Sonntag hat die SPD die Wahl zwischen verschiedenen Optionen, die allesamt nicht vergnüglich sind. Und so hatten wir eine innerparteiliche Diskussion, wie ich sie so intensiv in wenigen Tagen noch selten erlebt habe.

Die niedersächsische SPD ist dabei durchaus voran gegangen. Mit der Online-Debatte "www.wir-sind-die-SPD.de" haben wir ein Forum angeboten, das enorm genutzt worden ist: Über 1.500 Beiträge, über 900 Kommentare in ganz wenigen Tagen – damit hätte ich nie im Leben gerechnet. Für mich ist diese Erfahrung auch ein Fingerzeig darauf, wie sich künftig stärker innerparteiliche Demokratie organisieren lässt, dem Netz sei Dank.

 

Dabei ist die Debatte hin und her gewogt, aber eine deutliche Mehrheit hat unter dem Strich gesagt, dass sie gegen eine große Koalition ist. Viele der Argumente kann ich gut nach vollziehen: Dass die Erinnerung an das Wahlergebnis 2009 noch sehr frisch ist, dass man damit die Linke stark macht, dass mit der Union doch wohl das SPD-Wahlprogramm kaum durchsetzbar ist. Die Befürchtungen haben allesamt viel für sich, aber sind die anderen Optionen besser? Rot-grün-rot ist vor der Wahl vehement ausgeschlossen worden, eine Minderheitsregierung ist sehr unwahrscheinlich, der Gedanke an Neuwahlen erscheint mir alles andere als attraktiv.

In dieser Situation hat am Freitag der SPD-Konvent, also der kleine Parteitag, einen Weg beschlossen, den ich ebenso ambitioniert wie klug finde. Es gibt zwei Schlüsselworte für diesen Weg – Inhalte und Verfahren. Für das weitere Vorgehen der SPD müssen ihre inhaltlichen Vorgaben maßgeblich sein und nichts anderes. Das Wahlprogramm ist der Maßstab für die weiteren Entscheidungen. Und das Verfahren ist ergebnisoffen und transparent. Zunächst gibt es Sondierungsgespräche mit der Union, in denen geklärt werden soll, ob Verhandlungen auf der Grundlage unserer Vorstellungen (z. B. Reform des Arbeitsmarktes, mehr Mittel für Bildung, ein wirksames Management der Energiewende) Aussicht auf Erfolg haben können. Darüber entscheidet nicht eine kleine Gruppe, sondern wiederum der Konvent. Sollten danach Koalitionsverhandlungen folgen und sollten sie zu einem Ergebnis führen, entscheiden am Ende die Mitglieder. Das ist für die SPD, aber auch für alle anderen Parteien eine neue Öffnung der innerparteilichen Demokratie.

Ich halte dieses Vorgehen für richtig. Entscheidungen kann die SPD nur treffen, wenn sie weiß, wie viel sich durchsetzen lässt. Und vor dem Hintergrund der innerparteilichen Diskussion muss es am Ende eine Entscheidung der Mitglieder sein. Direkte Demokratie hat vor allem eines – eine enorm befriedende Wirkung. Ist das Verfahren offen und fair, akzeptieren am Ende fast alle das Ergebnis. Gleichzeitig ist dieser Weg natürlich auch ein großes Wagnis für die SPD und alle Beteiligten werden sich in den nächsten Wochen sehr verantwortungsbewusst verhalten müssen.

Es bleibt spannend, da bin ich sicher.