Ein Jahr lang Bundesrats-Präsident

Seit Sonntagabend ist nun ganz und gar ein wichtiger Teil meiner Vergangenheit abgeschlossen, denn der Stuhl des Oberbürgermeisters im hannoverschen Rathaus ist wieder besetzt. Stefan Schostok ist mit 2/3-Mehrheit gewählt worden! Herzlichen Glückwunsch! Meine politische Gegenwart ist in der letzten Woche um eine spannende neue Aufgabe erweitert worden.

In einer Demokratie gibt es typischerweise erst eine Wahl, bevor ein Amt übertragen wird. Ganz gelegentlich bestätigen Ausnahmen diese Regel: Die Präsidentschaft des Bundesrates ist so ein Beispiel. Am Donnerstag war in Stuttgart das Fest zur Deutschen Einheit und in diesem Zusammenhang hat mir mein Baden-Württemberger Kollege Winfried Kretschmann schon einmal symbolisch einen überdimensionierten Schlüssel als Zeichen des Amtsübergangs überreicht, während die Wahl erst am Freitag im Bundesrat ansteht und die neue Präsidentschaft erst am 1. November offiziell beginnt.

 

Wie komme ich zu dieser Ehre? Um es vorweg zu schicken – nicht durch eigenen Verdienst. Der Bundesrat ist die Vertretung der Bundesländer auf der Bundesebene und hat im Gesetzgebungsverfahren in vielen Fällen eine sehr wichtige Rolle. Unter den 16 Bundesländern wechselt der Vorsitz im Bundesrat jährlich zwischen den Ministerpräsidenten und nun war eben wieder einmal Niedersachsen dran. Aber eine Ehre ist es allemal, denn der Bundesrats-Präsident repräsentiert nach dem Grundgesetz gewissermaßen den Föderalismus, also die Bundesländer insgesamt. Als Vertreter des Bundesrates ist sein Präsident sozusagen die Nummer Vier im Staat nach dem Bundespräsidenten, dem Bundestagspräsidenten und der Bundeskanzlerin (alle Geschlechterangaben beziehen auf die aktuelle Besetzung).

Und was hat ein Bundesrats-Präsident zu tun? Zunächst einmal die Sitzungen des Bundesrates zu leiten, die aber typischerweise sehr friedlich verlaufen. Und dann die Kontakte zu anderen, dem Bundesrat vergleichbaren Parlaments-Kammern in anderen Ländern zu pflegen. Gerade sehr zentralistisch gesteuerte Staaten schauen immer wieder interessiert nach Deutschland, das durch die Bundesländer und ihren Einfluss durchaus in wichtigen Bereichen dezentral organisiert ist, und zwar erkennbar mit Erfolg. Und schließlich ist der Bundesrats-Präsident der Vertreter des Bundespräsidenten, eine hoffentlich ganz und gar theoretische Aufgabe.

Nicht zuletzt steht am Ende des Präsidentschafts-Jahres ein echter Höhepunkt. Das jeweilige Land richtet nämlich am 3. Oktober die Feierlichkeiten zu Tag der Deutschen Einheit aus, wie in der vergangenen Woche eben Baden-Württember in Stuttgart. Das geschieht nicht nur durch einen großen Festakt, sondern vor allem auch durch ein noch viel größeres Bürgerfest, das in Stuttgart eine halbe Million Menschen angelockt hat (allerdings bei optimalem Wetter). Und natürlich kann sich ein Bundesland bei dieser Gelegenheit hervorragend präsentieren – die niedersächsischen Vorbereitungen laufen jedenfalls schon auf Hochtouren. Schon einmal vormerken: Der 3. Oktober 2014 findet in Hannover statt.

Es ist also für ein Jahr ein hohes Amt, das auch einiges an Verpflichtungen mit sich bringt. Ich freue mich jedenfalls sehr auf diese Erfahrung.