Um die Wurst

Als niedersächsischer Ministerpräsident hat man ziemlich oft mit Essen und Trinken zu tun. Nicht unbedingt mit diesen lebenserhaltenden Vorgängen immer ganz praktisch - oft muss ich verschwinden, wenn eine Versammlung nach den Reden zum Buffet eilt. Aber um so öfter mit allen Fragen rings um die Lebensmittelproduktion, denn Niedersachsen ist schließlich das Agrarland Nr. 1.

In der letzten Woche konnte ich beides aber an einem Tag prima mit einander verbinden. Gewissermaßen als Vorspeise habe ich am Mittwochabend in Einbeck den Bierorden verliehen bekommen, vielleicht wegen meines bald vierzigjährigen Engagements für mein Lieblingsgetränk. Aber am Donnerstag gings dann um die Wurst: In Norden in Ostfriesland habe ich meinen üblichen Blaumann gegen Kittel, Schürze und Mütze ausgetauscht und bin von Fleischermeister Enno Appelhagen in seiner Fleischerei angelernt worden. Die Herstellung von (Minister-) Präsidentenbraten, (Minister-) Präsidentenbratwurst, Jägerpfanne und vielen anderen Wurst- und Fleischprodukten standen auf dem Programm. Offen gestanden, so genau hatte ich mich vorher gar nicht gefragt, wie eigentlich das alles so produziert wird, was ich tagein, tagaus so futtere. Diese Bildungslücken zu schließen, war spannend und hat Spaß gemacht.

Hochinteressant waren aber auch die Gespräche am Rande: Zum Beispiel, dass es in Norden früher sieben Fleischereien gab und heute nur noch zwei, weil die großen Einkaufsketten den Raum für kleine Fachgeschäfte extrem eng machen. Dass es derzeit einfach nicht möglich ist, einen Auszubildenden zu finden, weil nach vielen Skandalen der uralte Beruf des Fleischers ein angekratztes Image hat. Dass gerade die kleineren Betriebe ächzen und stöhnen unter einer Flut von Dokumentationspflichten, die sich über die Jahre immer mehr angehäuft haben, und der Lebensmittelsicherheit manchmal nicht wirklich nützen. Aber auch der Eindruck, dass meine Gastgeber ihren Beruf mit großer Gewissenhaftigkeit und Begeisterung ausüben. Geschmeckt hat es mir dementsprechend sehr.

Mir hat dieser Tag in Norden großen Spaß gemacht, aber auch viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Bei den nächsten Diskussion über Ernährungswirtschaft und Verbraucherschutz habe ich sicher den einen oder anderen praktischen Aspekt bei zu steuern.