Und auch politisch ist diese Entwicklung ausgesprochen ernst zu nehmen. Die Erfolge der AfD bei den letzten Landtagswahlen hängen nicht zuletzt wohl auch damit zusammen, dass auf Ressentiments gegenüber Ausländern gesetzt wird.
Was steckt hinter diesen wachsenden Problemen?
Vor allem handelt es sich sicher um einen Reflex auf die vielen internationalen Konflikte, die unzählige Menschen zu Flüchtlingen machen. Was Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak mitgemacht haben, können wir uns vielfach kaum ausmalen. Diesen Menschen Sicherheit zu geben, ist doch wohl eine Pflicht, die nicht diskutabel ist. Dementsprechend ist die Anerkennungsquote in diesen Fällen auch bei 99 Prozent. Daneben gibt es aber auch Asylbewerber aus Ländern, in denen die Ablehnungsquote genauso hoch ist. Das betrifft vor allem die verschiedenen Balkan-Staaten, und auch aus diesen Ländern sind die Antragszahlen stark gestiegen.
Vor diesem Hintergrund hat am Freitag der Bundesrat grünes Licht dafür gegeben, einige weitere Balkan-Staaten als "sichere Herkunftsstaaten" anzusehen. Auch in diesen Fällen findet eine Einzelfallprüfung statt, allerdings können die Verfahren beschleunigt werden. Die Unterscheidung zwischen Herkunftsstaaten ist seit der Einführung in den 90-er Jahren sehr umstritten, aus meiner Sicht aber durchaus sinnvoll. Nach allen Erfahrungen in der Praxis ist der Herkunftsstaat entscheidend für die Erfolgsaussichten eines Asyl-Antrages, und da gibt es nun einmal sehr große Unterschiede zwischen den Verhältnissen in den einzelnen Staaten. Obendrein werden die Möglichkeiten verbessert, dass Flüchtlinge in Deutschland arbeiten können. Das ist für viele Betroffene ein echter Fortschritt und deswegen handelt es sich unter dem Strich, wie ich finde, um einen guten Kompromiss.
Um den Kommunen zu helfen, ist aber noch mehr nötig. Zum Beispiel das Baurecht so zu ändern, dass die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften leichter wird – auch das ist ein Vorschlag des Bundesrates. Auch die finanzielle Unterstützung der Kommunen muss besser werden, neben den Ländern ist da vor allem auch der Bund gefragt.
Fast noch wichtiger ist aber etwas anderes: Eine Willkommenskultur für Menschen, die aus bitterer Not nach Deutschland geflüchtet sind. Ich bin wirklich beeindruckt, an wie vielen Orten es inzwischen Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern gibt, die den Neuankömmlingen helfen beim Einstieg in die neue Heimat. Das ist ein ganz großer Unterschied zur ersten Hälfte der 90er Jahre, die ich in unguter Erinnerung habe. Auch damals stieg die Zahl der Asylanträge stark an und bei vielen Menschen kam eine kaum verhüllte Ausländerfeindlichkeit zum Ausdruck. Das beste Mittel dagegen ist ein solches bürgerliches Engagement, wie es in Niedersachsen an vielen Stellen spürbar ist. Herzlichen Dank dafür!