Was hindert uns eigentlich daran, ein solches Ziel zu erreichen? Diese Frage habe ich einem Kreis von renommierten Bildungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern unter der Federführung von Jutta Allmendinger und Martin Baethge gestellt und sie um ihren Rat gebeten. Die Antwort ist bitter: Das deutsche Bildungswesen braucht deutlich mehr Qualität. Das gilt für die frühkindliche Förderung, die fehlende Ganztagsschule, die Herausforderung der Inklusion und die unzulängliche Vorbereitung auf das Arbeitsleben.
Auch bezogen auf Ressourcen und Strukturen nehmen die Expertinnen und Experten kein Blatt vor den Mund. Deutschland gibt für die Bildung viel weniger aus als der Durchschnitt der OECD-Staaten. Schon bezogen auf diesen eher bescheidenen Maßstab fehlen jedes Jahr 20 Milliarden Euro. Und auch bei der Zusammenarbeit hapert es von hinten bis vorne, man denke nur an das Kooperationsverbot in Sachen Bildung zwischen dem Bund und den Ländern, das unglückseligerweise vor einigen Jahren in das Grundgesetz aufgenommen worden ist.
Soweit das Urteil aus Sicht der Wissenschaft, das mir uneingeschränkt einleuchtet. Es hilft nichts, wenn in jeder Sonntagsrede von Politikern und Verbandsvertretern die Bedeutung von Bildung betont wird, aber sich alltags zu wenig ändert. Das wird ohne ein Stück Staatsreform nicht gelingen, fürchte ich. Niedersachsen ist dafür ein gutes Beispiel: In den vergangenen beiden Jahren ist sehr viel geschehen – von der dritten Kraft für Krippengruppen über den Ausbau der Ganztagsschulen bis zur Abschaffung der Studiengebühren. Mehr gibt der Haushalt voraussichtlich in den nächsten Jahren nicht her, aber zu tun ist noch jede Menge. Deswegen wird es auch beim besten Willen ohne Strukturänderungen nicht gehen.
Wenn ich mich nicht täusche, ist Bildung wirklich das entscheidende Thema. Das gilt gesellschaftspolitisch, aber auch für die Positionierung der politischen Lager. Die SPD ist gut beraten, diese Diskussion offensiv zu betreiben und in den Mittelpunkt ihrer Strategie zu stellen.