Mein schönstes Urlaubserlebnis

Der legendäre Schulaufsatz zu diesem Thema nach den Ferien folgt an dieser Stelle nicht, keine Sorge. Zu berichten hätte ich reichlich von meinem Sommerurlaub, der sich zusammengesetzt hat aus einer Wanderung mit alten Freunden in den Vogesen, einer sehr schönen Woche mit vielen Wanderungen in den Bergen am Lago Maggiore gemeinsam mit meiner Frau und dann noch aus ein paar Tagen chillen an der Nordsee. Alles war prima, ich bin top-erholt - aber eine kleine Geschichte sticht doch heraus.

Die Wanderung in den Vogesen war sehr schön, aber auch am dritten von vier Tagen sehr, sehr nass. Nach etlichen Stunden Wassertreten waren die Lebensgeister zwar erstaunlich schnell wieder hergestellt, dafür erwartete mich am Abend eine unangenehme Überraschung. Anders als der Mensch hatte nämlich das Material deutliche Ermüdungserscheinungen und die Sohlen meiner Wanderstiefel begannen sich großflächig abzulösen, was für reichlich Hohn und Spott meiner sogenannten Wanderfreunde sorgte. Unabhängig von dieser menschlichen Enttäuschung war eine Fortsetzung der Tour unter diesen Bedingungen nicht möglich und so stand ich am nächsten Morgen vor einem ganz praktischen Problem: Während die anderen die nächsten Gipfel in Angriff nahmen, musste ich runter ins Tal.

Wir waren in Markstein gelandet, wo möglicherweise im Winter viel los ist, im Sommer aber so gut wie nichts und auch an ÖPNV war nicht zu denken. Was bleibt einem dann übrig, wenn der nächste Treffpunkt etwa 25 km entfernt ist? Abgesehen von einer unerfreulichen Tippelei nur eine gute, alte Kulturtechnik: Trampen. Das hatte ich zuletzt vor etwa 30 Jahren gemacht und meine persönlichen Chancen sah ich als Mittfünfziger eher skeptisch, aber es geschehen noch Zeichen und Wunder. Schon das zweite Auto hielt an, ein eher klappriger Renault, ziemlich zugemüllt und einem jungen Mann hinter dem Steuer mit prächtigen Dreadlocks. Nachdem ich mir und meinem Rucksack etwas mühsam Platz verschafft hatte, wurde es richtig gemütlich. Wir unterhielten uns prima ohne gemeinsame Sprache, untermalt von guter Ska-Musik. Möglicherweise wären wir unterschiedlicher Meinung zur Legalisierung von Cannabis gewesen, aber das Thema kam nicht zur Sprache. Weil mein Gastgeber so ein netter Mensch war, fuhr er mich auch gleich zum nächsten Bahnhof, wo prompt schon mein Anschlusszug auf mich wartete. Und in der Zwischenzeit hatte sich meine Laune drastisch verbessert.

Ich bin nicht ganz sicher, ob die Geschichte beim Personenschutz große Begeisterung auslöst, aber ich habe mein erstes Trampen in diesem Jahrtausend sehr genossen. Und mir vorgenommen, künftig etwas sensibler auf Menschen am Straßenrand zu achten.