Was dahinter steckt

Ohne zu weit zu greifen - das vergangene Wochenende war dramatisch. Viele Tausende von Flüchtlingen, die in Ungarn gestrandet waren, sind jetzt in Deutschland und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Das hat auch mein Wochenende bestimmt und das gilt sicher für die ganze nächste Woche.

Am Samstagnachmittag war ich zu Besuch bei dem Sommerfest eines Flüchtlingsheims in meinem hannoverschen Wahlkreis. Einige Schlaglichter: Ein Mann aus dem Sudan berichtet mir, er habe zehn Jahre lang in einem UN-Flüchtlingslager in dem Bürgerkriegsgebiet gelebt und sich gefragt, was aus seinem Leben wird. Frauen aus Syrien erzählen, wie glücklich sie sind, jetzt in Deutschland zu sein. Und ein Mann aus Syrien steckt mir einen rührenden Zettel zu, auf dem er Gott dankt, in einem Land zu sein, wo die Menschen ihn mögen. Übrigens: Sehr viele Nachbarn sind da und berichten mir, es gebe ein gutes Miteinander in dem Viertel.

Einen Tag später in Braunschweig am Hauptbahnhof: Ein Sonderzug mit fast 900 Menschen ist aus München gekommen, die jetzt in verschiedene Teile Niedersachsens weitergeleitet werden. Darunter ist ein 74-Jähriger, dessen Familie in Kobane (Nordsyrien) bei den Kämpfen fast vollständig getötet worden ist. Jetzt will er sich nach Dänemark durchschlagen, wo zwei Kinder von ihm wohnen. Ein anderer Syrer erzählt mir aus Ungarn, wo ein Polizist einem Flüchtling neben ihm auf den Hinterkopf geschlagen habe. Der sei noch fünfzig Meter gelaufen und dann tot zusammengebrochen.

Solche Geschichten stecken hinter den großen Zahlen, die uns derzeit erschrecken. Auf Dauer wird Deutschland damit überfordert sein, wenn sich weiter die meisten EU-Mitglieder weigern, das Problem auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Aber ganz konkret ist es unsere Pflicht, jetzt so gut zu helfen, wie wir können. Und deswegen bin ich von Braunschweig auch weitergefahren nach Berlin. Bund und Länder müssen in den nächsten Wochen schwierige Gespräche führen, wie es weitergehen soll. Und dabei habe ich genau die Einzelschicksale vor Augen, die mir am Wochenende begegnet sind.