Eigentor

Nein, dass ich restlos begeistert vom SPD-Parteitag in Berlin zurückgekommen bin, kann ich nicht behaupten. Natürlich gab es viel Positives: Ein sehr würdiger Abschied von Egon Bahr, Günter Grass und Helmut Schmidt, ein breiter Konsens beim schwierigsten und wichtigsten Thema Flucht und Asyl, ein stimmungsvoller Niedersachsen-Abend am Ende des ersten Tages. Aber die kalte Dusche kam dann am Freitag.

Wahlergebnisse für Parteivorsitzende sind einerseits immer auch Stimmungsbarometer, andererseits sollte man sie nicht überhöhen. Wenn allerdings bei einer Wiederwahl und kurz vor wichtigen Landtagswahlen ein Viertel eines Parteitages nicht für den Vorsitzenden stimmt, ist das schon politisch relevant. Mich hat das enttäuschende Ergebnis für Sigmar Gabriel überrascht und ich halte es auch nicht für gerecht. Wir erleben derzeit wahrlich schwierige politische Zeiten und Sigmar Gabriel hat es alles in allem sehr wohl verstanden, unter diesen Bedingungen einen klaren Kurs der SPD zu fahren und nach außen zu vermitteln. Dass dahinter auch persönlich ein sehr hoher Einsatz steckt, sei am Rande auch einmal vermerkt.

Unabhängig von meiner persönlichen Meinung ist dieses Ergebnis aber auch für die gesamte SPD gelinde gesagt schwierig. Wenn in den allermeisten Fragen Einigkeit besteht und auch bei kontroversen Themen (Beispiel Vorratsdatenspeicherung) Beschlüsse nach den Regeln der innerparteilichen Demokratie herbeigeführt werden, wie erklärt man dann eigentlich solche Ergebnisse Außenstehenden ? Ich bin sehr dafür, sich in der Sache wie die Kesselflicker zu streiten, wenn es denn notwendig ist. Aber dann zählt am Ende die Entscheidung der Mehrheit und das muss dann auch akzeptiert werden.

Diese Mehrheit, dreiviertel der Delegierten des Parteitags genau genommen, hat übrigens Sigmar Gabriel das Vertrauen ausgesprochen und das zählt am Ende. Wenn die SPD Erfolg haben will, muss sie möglichst geschlossen auftreten, das ist eine alte Erkenntnis. Und ebenso, dass sich die SPD nicht in erster Linie mit sich selbst beschäftigen darf, sondern mit den grundlegenden Themen unserer Gesellschaft. Das genau ist es, was die SPD in der nächsten Zeit beweisen muss.

Ich wünsche Euch eine schöne Woche. Auf mich wartet dabei die letzte Sitzungsperiode des Niedersächsischen Landtages mit der Entscheidung über den Haushalt 2016. Wenn das geschafft ist, dann beginnt gaaanz langsam die Zielgerade Richtung Weihnachten. Auch eine schöne Perspektive!