Bürgerversammlung

Seit meiner OB-Zeit in Hannover mag ich Bürgerversammlungen. Das ist ein gutes Format: Nicht die Politiker bestimmen die Themen, sondern die Besucherinnen und Besucher, anstelle der üblichen Ansprache von vorne ergibt sich schnell ein Gespräch und meistens beteiligen sich ziemlich viele der anwesenden Bürgerinnen und Bürger. Diese Erfahrungen haben sich bestätigt, nachdem ich auf die Landesebene gewechselt bin und dort solche Veranstaltungen fortführe.

In der letzten Woche gab es dann die Premiere für 2016 in Lüneburg. Gemeinsam mit OB Uli Mädge und Landrat Manfred Nahstedt ging es um die Flüchtlingsnot und den Umgang damit. Das war schon seit dem Herbst natürlich ein Thema in den Versammlungen am Ende des Jahres, aber diesmal war ich besonders gespannt. Seit dem Jahresanfang und vor allem der Silvesternacht in Köln ist der Ton in der Diskussion schließlich deutlich rauer geworden, die Unsicherheit ist gewachsen. Wie würde es also in Lüneburg zugehen?

Kurz gesagt: Es wurde eine lebendige, problembewusste, aber auch sachliche und gelassene Diskussion. Verbale Ausrutscher gab es so gut wie keine, aber dafür jede Menge kritische Fragen. Die Versäumnisse (wie zum Beispiel bei der Dauer der Verfahren oder den Mängeln der Identifikation von Flüchtlingen) wurden ebenso klar angesprochen, wie die Aufgaben, vor denen wir jetzt stehen: Schnell wirkende Maßnahmen für den Wohnungsbau, die Sprachförderung oder die Beschäftigung von Flüchtlingen.

Was mich besonders gefreut hat: Es ging häufig um Fragen weit über den eigenen Tellerrand hinaus. Wie denn eine internationale Lösung aussehen könnte, wie Fluchtursachen nachhaltig bekämpft werden können. Das sind auch nach meiner Meinung die eigentlich entscheidenden Ansatzpunkte.

Und die Sicherheit? Auch die spielte eine wichtige Rolle, aber keine dominierende. Und vor allem waren die Beiträge auch in dieser Hinsicht problembewusst in jeder Richtung. Es ging also nicht nur um Kriminalität durch, sondern auch um Kriminalität gegen Flüchtlinge. Die Anzahl von und die kriminelle Energie bei Anschlägen gegen Unterkünfte muss uns tatsächlich Sorgen bereiten.

Es war ein spannender Abend für mich und ich bin mit einem guten Gefühl aus Lüneburg wieder zurückgefahren. Und übrigens: Dort leben derzeit etwa 900 Flüchtlinge – und die Zahl der ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger ist etwa genauso groß.