Neustart

Politik ist eigentlich nie langweilig und die letzte Woche ist dafür ein besonders guter Beweis. Eigentlich war vorgesehen, den Kanzlerkandidaten der SPD am Wochenende zu küren, aber dann überschlugen sich die Ereignisse. Nach einer Vorabmeldung am Dienstagnachmittag über den Verzicht auf Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz durch Sigmar Gabriel ist nun Martin Schulz die neue Nr. 1 der SPD.

Das war die Nachricht der Woche und es war eine gute Nachricht, wie die Reaktionen in der Öffentlichkeit, vor allem aber auch in der SPD deutlich machen. Durch die Mitglieder ist förmlich ein Ruck gegangen, wie viele Rückmeldungen zeigen.
 
Ich habe großen Respekt vor dem, was Sigmar Gabriel als SPD-Vorsitzender seit 2009 geleistet hat, und dennoch war diese Entscheidung richtig. Seit Dienstag bin ich immer wieder gefragt worden, warum ich auf Martin Schulz so große Stücke halte. Ich verweise dann immer auf ein Erlebnis, dass ich im Jahr 2015 hatte.
 
Der Betriebsrat von Volkswagen hatte Martin Schulz gebeten auf einer Betriebsversammlung in Wolfsburg über Europa zu sprechen. Solche Betriebsversammlungen finden in einer riesigen Halle statt, in der sich dann etwa 18.000 Menschen befinden. Es ist leicht vorstellbar, wie schwer es für einen Redner ist, die ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben – noch dazu dann, wenn das Thema eher allgemein ist. Aber genau das ist Martin Schulz gelungen an diesem Vormittag. Durch seine klare Haltung, die direkte Ansprache seiner Zuhörer und die Leidenschaft für die Sache zog er die ganze Halle in seinen Bann und erhielt danach einen betont herzlichen und langen Applaus.
 
Wahrscheinlich ist Martin Schulz in der deutschen Politik zur Zeit derjenige, der die Leute am meisten begeistern kann. Dabei ist gerade das eine Fähigkeit, die wir im Moment ganz besonders nötig haben. Es gibt vieles in Deutschland und international, was Menschen derzeit verunsichert. Gleichzeitig gibt es auch eine spürbare Distanz zwischen der Politik und vielen Wählern. Diese Distanz zu überwinden, für eine klare Orientierung zu sorgen und darüber hinaus auch Leute mitzureissen, traue ich Martin Schulz in besonderer Weise zu. Wenn ihm das gelingt, ist das nicht nur gut für die SPD, sondern auch für die Demokratie.
 
Klar, ein Spitzenkandidat ist kein Supermann. Er braucht die engagierte Unterstützung seiner Partei und seine Partei braucht ein klares politisches Profil. Das eine ist sicher und das andere muss die SPD zügig klären, denn es sind nur noch ca. acht Monate bis zur Bundestagswahl. Aber die Chancen  für einen Erfolg im September sind seit Dienstag deutlich gestiegen.
 
Ich wünsche Euch eine schöne Woche.