Schwierige Freundschaft

Als ich 2014 die Türkei mit einer großen Delegation von Wirtschaftsvertretern besucht habe, war Bundespräsident Gauck eine Woche zuvor bei seinem Staatsbesuch mit kritischen Bemerkungen über die politische Entwicklung in der Türkei angeeckt. Aus heutiger Sicht waren das trotzdem geradezu idyllische Verhältnisse zwischen der Bundesrepublik und der Türkei.

Inzwischen hat sich die innenpolitische Lage in der Türkei enorm zugespitzt und die Konflikte zwischen beiden Länder sind unübersehbar. Die jüngsten Beispiel sind die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel und die Absage von Veranstaltungen in Deutschland, mit denen für die Verfassungsänderung in der Türkei und ein Präsidialsystem geworben werden sollte.

Solche Konflikte sind dann immer auch gleich innenpolitische Themen in Deutschland, schließlich leben hier Millionen von Türken und Deutsch-Türken. Diese Verbindungen, aber auch die wirtschaftlichen und politischen Kontakte sind intensiver als mit den allermeisten anderen Staaten. Die deutsch-türkischen Beziehungen sind etwas Besonderes, deswegen sind sie jetzt auch besonders belastet. Es ist eine schwierige Freundschaft geworden.

Es gibt genug Stimmen in Deutschland, die mehr oder weniger deutlich eine „klare Kante“ gegenüber der Türkei verlangen. Daran ist richtig, dass sich Partnerschaften nicht nur in Schönwetterzeiten bewähren dürfen. In der Türkei ist die Meinungs- und Pressefreiheit gefährdet, dafür gibt es leider viele Beispiele. Was etwa Deniz Yücel als Straftat vorgeworfen wird, ist für investigative Journalisten in Deutschland ein völlig normales Vorgehen und staatliche Sanktionen würden einen Skandal auslösen. Und was von Strafverfahren gegen kurdische Repräsentanten berichtet wird (meine langjährige Chefin, die frühere niedersächsische Justizministerin Heidi Merk, war gerade als Prozessbeobachterin in Diyarbakir), hat mit Rechtstaatlichkeit nicht mehr viel zu tun. Das klipp und klar anzusprechen, ist genauso berechtigt und notwendig wie umgekehrt die Kritik aus der Türkei an dem NSU-Skandal oder der lauen Reaktion aus Deutschland an dem gescheiterten Militärputsch im Juli 2016 .

Es geht aber auch um den Ton, der bekanntlich die Musik macht. Wenn Präsident Erdogan jetzt abwegigerweise die Absage von Versammlungen mit türkischen Regierungsmitgliedern in Deutschland durch die betroffenen Kommunen mit der NS-Zeit vergleicht, geht es ihm erkennbar um Spaltung. Und auch in Deutschland gibt es immer wieder Beiträge, die türkei-feindliche Untertöne haben. Beides ist völlig falsch und verantwortungslos. Das gilt vor allem auch in Bezug auf die große türkische Gemeinde in Deutschland, deren Mitglieder in einen Loyalitätskonflikt getrieben werden könnten, den sie gar nicht wollen. Gerade wegen dieser engen und auf Dauer angelegten Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei muss es im Gegenteil darum gehen, die gemeinsame Basis zu betonen und sie wieder zu stärken. Ohne eine falsche Zurückhaltung in der Sache und eine falsche Zuspitzung im Ton.

Ich wünsche Euch eine gute Woche!