Kranke Krankenhäuser

Wenn derzeit der Reformbedarf in Deutschland aufgezählt wird, fehlt ein Beispiel nirgends – die Krankenhäuser. Fast alle melden derzeit rote Zahlen und ein auffällig hoher Anteil sieht sich in Insolvenzgefahr, gerade auch im ländlichen Raum. Wenn das Problem so weit verbreitet ist, kann es sich nicht nur um Ursachen im jeweiligen Einzelfall handeln. Das Krankenhaussystem ist offenkundig das Problem.
In Deutschland haben wir seit zwanzig Jahren ein System von Fallkostenpauschalen (Diagnosis Related Groups), mit dem die Krankenhäuser für ihre Leistungen bezahlt werden. Geld gibt es für Leistungen – das klingt im ersten Moment plausibel, führt aber zu sehr seltsamen Konsequenzen. Deutschland ist zwar nicht mehr Weltmeister im Fußball, aber immerhin bei Knie und Hüfte. Das sind standardisierte Eingriffe, die in spezialisierten Kliniken massenhaft durchgeführt werden und für die viel Geld gezahlt wird. Bei seltenen oder besonders aufwendigen Diagnosen zahlen die Krankenhäuser dagegen drauf. Oder der Drehtüreffekt: Patienten werden möglichst schnell entlassen, ein längerer Krankenhausaufentfhalt zahlt sich nicht aus. Mehr oder weniger kurze Zeit später sind oft genug die Patienten dann trotzdem wieder da.
Natürlich gibt es auch noch manche anderen Gründe für die Probleme der Krankenhäuser, aber ein grundsätzlicher Reformbedarf ist inzwischen unbestritten.
Soweit die Diagnose, aber wie lautet die Therapie? Ganz grob gesagt: Die Krankenhauslandschaft muss neu geordnet und die Kostenerstattung geändert werden. Für das erste sind die Länder zuständig, für das zweite der Bund und wenn beides zusammenpasst, kann die Reform gelingen.
In Niedersachsen sind wir an diesem Thema schon länger dran. In der letzten Legislaturperiode hat eine Enquete-Kommission nach langen Beratungen einen einvernehmlichen Vorschlag gemacht (obwohl ganz unterschiedliche Interessengruppen beteiligt waren) und unser neues Krankenhausgesetz setzt diese Vorschläge um. Künftig soll es im großen Flächenland Niedersachsen acht Versorgungsregionen geben, in denen drei verschiedene Krankenhaustypen gut erreichbar sind:
– Maximalversorger, die besonders schwierige, seltene oder aufwendige Fälle gut versorgen können.
– Regelversorger, die das normale Programm eines Krankenhauses anbieten.
– Grundversorger, die die vielen Fälle behandeln, die keinen oder nur einen kürzeren stationären Aufenthalt erfordern.
Es geht also keinesfalls um ein Krankenhaus-Sterben, sondern um ein sinnvolles regionales Angebot, in dem alle Krankheiten flächendeckend gut versorgt werden können. In der Fachwelt hat dieses Konzept sehr viel Zustimmung gefunden, was in der Gesundheitspolitik auch ziemlich selten der Fall ist. Jetzt geht es darum, in den einzelnen Versorgungsregionen die jeweiligen Angebote zuzuordnen – es wird also konkret. Deswegen sind auch nicht nur einfache Diskussionen zu erwarten, das ist jetzt schon klar.
Dieses Vorgehen auf Landesebene wird aber nicht reichen, auch nach der Reform brauchen die Krankenhäuser natürlich eine auskömmliche Finanzierung. Die ersten Vorschläge von Karl Lauterbach gehen in die richtige Richtung, vor allem auch die Erstattung von sogenannten Vorhaltekosten. Krankenhäuser kosten nun einmal Geld und dafür muss es eine Grundfinanzierung geben. Aber wie schauen dieser und andere Vorschläge ganz konkret aus?
 
Das angekündigte Konzept aus Berlin wird sehr viel darüber entscheiden, ob die Reform gelingt. Und übrigens auch eine wirksame Hilfe für diejenigen Krankenhäuser, denen gerade das Wasser bis zum Hals steht.
Eines steht für mich jedenfalls fest: Maßstab bei alledem sind nicht nur Zahlen, sondern vor allem eine gute Gesundheitsversorgung überall in Stadt und Land. Hoffen wir, dass dieses Jahr der Durchbruch für ein gutes Krankenhaussystem der Zukunft wird!
Ich wünsche Euch eine gute Woche.